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Überhangmandate

Sogenannte Überhangmandate konnten bei den Bundestagswahlen von 1949 bis 2009 entstehen. Bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 wurden alle im Laufe der Berechnung entstandenen Überhänge durch Erhöhung ausgeglichen, so dass es am Ende der Sitzverteilung keine sogenannten Überhangmandate mehr gab. Bei der Bundestagswahl 2021 konnten aufgrund einer Änderung des Wahlrechts wieder bis zu drei Überhangmandate entstehen. Bei der Europawahl können demgegenüber keine Überhangmandate anfallen, da es hier nur eine Stimme gibt.

Der Deutsche Bundestag wird nach den Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gewählt. Bis zur Bundestagswahl 2021 wurden mit der Erststimme 299 Kandidatinnen und Kandidaten in den Wahlkreisen direkt gewählt (Personenwahl); mit der Zweitstimme wurde darüber abgestimmt, wie viele der insgesamt 598 Sitze eine Partei erhält (Verhältniswahl).

Ab der Bundestagswahl 2025 gelten die Grundsätze der Verhältniswahl. Dadurch, dass weiterhin in den 299 Wahlkreisen die Erststimmen für einen Kreiswahlvorschlag abgegeben werden, ist zwar das Element der Personenwahl noch vorhanden, es hat aber an Bedeutung verloren. Denn eine Erststimmenmehrheit in einem Wahlkreis führt nur dann zu einem Mandat, wenn der Sitz durch Zweitstimmen gedeckt ist. Die Gesamtzahl der Sitze wird ab der Bundestagswahl 2025 auf 630 erhöht.

Rechtslage bis zur Bundestagswahl 2009

Rechtslage seit der Bundestagswahl 2013

Rechtslage ab der Bundestagswahl 2025

Überhangmandate entstanden, wenn eine Partei in einem Land mehr Direktmandate gewonnen hatte, als es ihrem Anteil an Zweitstimmen entsprach. Sie führen dazu, dass die Zusammensetzung des Bundestags nicht mehr exakt dem Zweitstimmenergebnis der Parteien entspricht. Das beeinträchtigt die Wahlrechtsgleichheit und die Chancengleichheit der Parteien.

Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb mit Urteil vom 25. Juli 2012 – 2 BvE 9/11, 2 BvF 3/11, 2 BvR 2670/11 – entschieden, dass § 6 Absatz 5 Bundeswahlgesetz in der damals geltenden Fassung gegen die Verfassung verstieß, weil Überhangmandate auch dann nicht ausgeglichen wurden, wenn sie in großer Zahl entstanden. Das Gericht stellte fest, dass nicht mehr als etwa 15 ausgleichslose Überhangmandate, die Hälfte der zur Bildung einer Fraktion notwendigen Mandate, anfallen dürfen.

Bei Bundestagswahlen entstandene Überhangmandate 1949 - 2009 (Stand bei der Wahl)
Jahr der Bundestagswahl Zahl der Wahlkreise Sitze insgesamt 1 Überhangmandate
insgesamt im Land Anzahl Partei
1949 242 410 2 Bremen 1 SPD
Baden-Württemberg 1 CDU
1953 242 509 3 Schleswig-Holstein 2 CDU
Hamburg 1 DP
1957 247 519 3 Schleswig-Holstein 3 CDU
1961 247 521 5 Schleswig-Holstein 4 CDU
Saarland 1 CDU
1965 248 518 0
1969 248 518 0
1972 248 518 0
1976 248 518 0
1980 248 519 1 Schleswig-Holstein 1 SPD
1983 248 520 2 Hamburg 1 SPD
Bremen 1 SPD
1987 248 519 1 Baden-Württemberg 1 CDU
1990 328 662 6 Mecklenburg-Vorpommern 2 CDU
Sachsen-Anhalt 3 CDU
Thüringen 1 CDU
1994 328 672 16 Baden-Württemberg 2 CDU
Mecklenburg-Vorpommern 2 CDU
Sachsen-Anhalt 2 CDU
Thüringen 3 CDU
Sachsen 3 CDU
Bremen 1 SPD
Brandenburg 3 SPD
1998 328 669 13 Hamburg 1 SPD
Mecklenburg-Vorpommern 2 SPD
Brandenburg 3 SPD
Sachsen-Anhalt 4 SPD
Thüringen 3 SPD
2002 299 603 5 Hamburg 1 SPD
Sachsen-Anhalt 2 SPD
Thüringen 1 SPD
Sachsen 1 CDU
2005 299 614 16 Hamburg 1 SPD
Brandenburg 3 SPD
Sachsen-Anhalt 4 SPD
Saarland 1 SPD
Sachsen 4 CDU
Baden-Württemberg 3 CDU
2009 299 622 24 Schleswig-Holstein 1 CDU
Mecklenburg-Vorpommern 2 CDU
Sachsen 4 CDU
Thüringen 1 CDU
Rheinland-Pfalz 2 CDU
Bayern 3 CSU
Baden-Württemberg 10 CDU
Saarland 1 CDU
Insgesamt X X 97 davon: 59 CDU
34 SPD
3 CSU
1 DP

1  1949 - 1987: Einschließlich Berliner Abgeordnete.

Rechtslage seit der Bundestagswahl 2013

Der Gesetzgeber hat die Vorschrift daraufhin durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1082) geändert. Die im zweistufigen Sitzzuteilungsverfahren rechnerisch entstehenden Überhänge wurden bis zur Bundestagswahl 2017 durch Erhöhung der Sitzzahl vollständig ausgeglichen, so dass es am Ende der Sitzverteilung keine Überhangmandate mehr gab.

Mit dem Fünfundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 14. November 2020 (BGBl. I S. 2395) wurde das Berechnungsverfahren leicht modifiziert. Nach der Neuregelung können am Ende der Sitzverteilung bis zu maximal drei Überhangmandate entstehen. Alle übrigen Überhänge werden im Laufe der Berechnung durch Erhöhung der Sitzzahl ausgeglichen.

Bei Bundestagswahlen entstandene erhöhte Sitzzahlen 2013 - 2021 (Stand bei der Wahl)
Jahr der Bundestagswahl Zahl der Wahlkreise Sitze insgesamt Partei Überhänge Erhöhte Sitzzahl
drohende verbleibende ohne Überhänge mit Überhängen
2013 299 631 Insgesamt 4 29 33
CDU 4 13 17
SPD 10 10
DIE LINKE 4 4
GRÜNE 2 2
2017 299 709 Insgesamt 46 65 111
CDU 36 36
SPD 3 19 22
DIE LINKE 10 10
GRÜNE 10 10
CSU 7 7
FDP 15 15
AfD 11 11
2021 299 735 Insgesamt 34 3 103 137
CDU 12 17 29
SPD 10 26 36
AfD 1 13 14
FDP 16 16
DIE LINKE 7 7
GRÜNE 24 24
CSU 11 3 11

Rechtslage ab der Bundestagswahl 2025

Überhangmandate sind ab der Bundestagswahl 2025 wegen der erforderlichen Zweitstimmendeckung nicht mehr möglich.

Stand: 13. März 2024