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Aberkennung des Wahlrechts

§ 13 Bundeswahlgesetz (BWG) bestimmt, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.

Diese Regelung steht dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz (GG) und den Grundsätzen der Gleichheit und Allgemeinheit der Wahl nicht entgegen, weil eine Aberkennung des Wahlrechts nicht automatisch erfolgt, sondern nur durch Richterspruch bei Vorliegen gesetzlich gegebener Tatbestände erfolgen darf.

Dieser Ausschluss infolge Richterspruchs eines deutschen Gerichts ist allerdings nur in wenigen, im Strafgesetzbuch (StGB) und im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) ausdrücklich genannten Fällen möglich und gilt für zwei bis maximal fünf Jahre. Der Ausschluss vom Wahlrecht erfolgt, wenn es zu Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten bzw. von mindestens einem Jahr zum Beispiel wegen folgender Straftaten gekommen ist:

  • Vorbereitung eines Angriffskrieges und Hochverrat gegen den Bund
  • Landesverrat und Offenbarung von Staatsgeheimnissen
  • Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten
  • Wahlbehinderung und Fälschung von Wahlunterlagen
  • Abgeordnetenbestechung
  • Sabotagehandlungen an Verteidigungsmitteln oder sicherheitsgefährdender Nachrichtendienst (Voraussetzung in diesem Fall ist die Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr).

Die Aberkennung des Wahlrechts ist in diesen Fällen nach Maßgabe der speziellen Strafrechtsvorschriften in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt und nicht automatische Folge der Verurteilung wegen dieser Straftaten.

Darüber hinaus kann das Wahlrecht wegen des Verwirkens von Grundrechten durch das Bundesverfassungsgericht aberkannt werden.


Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2019

Mit Entscheidung vom 29.01.2019 (2 BvC 62/14) hat das Bundesverfassungsgericht die bisher in § 13 Nr. 2 (bezüglich in allen Angelegenheiten betreuter Personen) und Nr. 3 (bezüglich Personen die sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 Strafgesetzbuch mit § 20 Strafgesetzbuch in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden) geregelten Wahlrechtsausschlüsse für verfassungswidrig erklärt. Die Entscheidung erging im Rahmen eines zur Bundestagswahl 2013 angestrengten Wahlprüfungsverfahrens. Das Bundeswahlgesetz und Europawahlgesetz wurden daraufhin durch den Gesetzgeber geändert. Das Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und anderer Gesetze vom 18.06.2019 (BGBl. I S. 834) trat am 01.07.2019 in Kraft. Ausgeschlossen vom Wahlrecht sind bei Bundestags- und Europawahlen nunmehr nur noch – wie schon bisher – Personen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzen. 
 

Rechtsgrundlagen

Art. 38 Abs. 1 GG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. Art. 18 GG
§ 13 Nr. 1 BVerfGG, § 36 BVerfGG, § 39 Abs. 2 BVerfGG
§ 13 BWG
§§ 80 - 92 StGB i. V. m. § 92a StGB und § 45 Abs. 5 StGB
§§ 93 - 100a StGB i. V. m. § 101 StGB und § 45 Abs. 5 StGB
§ 102 Abs. 1 StGB i. V. m. § 102 Abs. 2 StGB und § 45 Abs. 5 StGB
§ 107, § 107a, § 108, § 108b StGB i. V. m. § 108c StGB und § 45 Abs. 5 StGB
§ 108e Abs. 1 StGB i. V. m. § 108e Abs. 2 StGB und § 45 Abs. 5 StGB
§ 109e, § 109f StGB i. V. m. § 109i StGB und § 45 Abs. 5 StGB

Stand: 25. Juli 2024